Neue EU-Richtlinie zu Lebensmittelverschwendung: Was Kantinen wissen müssen
Also. Die EU hat Food Waste gerade zu deinem rechtlichen Problem gemacht. Die Richtlinie 2025/1892 wurde im September 2025 verabschiedet, und wenn du eine Unternehmenskantine, Cafeteria oder Workplace Food Service managst, hast du Ziele die du bis 2030 erreichen musst – und Reporting das 2027 anfängt.
Ich weiß genau was du jetzt denkst, weil ich da schon war: "Oh Gott, nicht schon wieder eine Verordnung. Muss ich jetzt wirklich 50 Seiten EU-Legalese lesen?"
Hier ist die Sache: Nein, musst du nicht.
Ich saß früher an meinem Schreibtisch und starrte diese Dokumente an – ISO-Standards, EU-Richtlinien, Compliance-Frameworks – und wollte einfach... nicht existieren. Nicht weil ich faul bin. Sondern weil diese Dinge in einer Sprache geschrieben sind, die gezielt darauf ausgelegt ist, dass du aufgibst und einen Berater anheuern willst.
Ich dachte immer: "Warum kann mir nicht einfach jemand sagen, was ich tatsächlich TUN muss?"
Genau das machen wir hier. Wir haben die komplette Food Waste Richtlinie gelesen (alle 50 Seiten plus Anhänge, weil wir uns anscheinend selbst hassen), und übersetzen sie in normales Deutsch. Kein Juristenjargon. Keine "Erwägungsgrund"-Sätze. Nur was du wissen musst und was du tun musst.
Das Wichtigste:
- Bis 2030 musst du Lebensmittelabfall um 30% pro Kopf reduzieren (gemeinsames Ziel für Einzelhandel, Gastronomie und Haushalte)
- Bis 2027 musst du anfangen zu beweisen, dass du es versuchst
- Die Richtlinie sagt explizit, dass Awareness-Kampagnen nicht funktionieren (deren Worte: "those actions mainly focused on raising awareness rather than fostering behavioural change")
- Sie fordert "technologische Lösungen" – Übersetzung: Mit Postern kommst du nicht durch
Du denkst wahrscheinlich: "Super, noch was das ich bis 2029 ignorieren kann und dann in Panik verfalle."
Fair. Aber hier ist warum das eine schlechte Strategie ist: Die Mitgliedstaaten schreiben JETZT GERADE die Durchsetzungsgesetze. Die ersten Reports sind 2027 fällig. Und anders als bei GDPR wo alle eine Schonfrist bekamen, ist diese hier ziemlich klar mit Deadlines.
Die gute Nachricht? Das ist keine Raketenwissenschaft. Du musst nur wissen was sich geändert hat, wann du handeln musst, und was tatsächlich funktioniert.
Lass uns das durchgehen.
Was sich tatsächlich geändert hat (ohne Juristendeutsch)
Die EU hat jahrelang nett um Lebensmittelabfall-Reduktion gebeten. Diese Ära ist vorbei.
Das ist jetzt anders:
| Vorher | Jetzt |
|---|---|
| "Bitte reduziert Abfall" (Vorschläge) | "Reduziert um 30%" (Mandat) |
| Keine Messung erforderlich | Harmonisierte EU-Methodik |
| Freiwillige Programme | Jährliches Reporting an Behörden |
| Keine Durchsetzung | Strafen durch Mitgliedstaaten (TBD) |
Das ist nicht "versucht mal härter". Das ist "reduziert um 30% oder erklärt warum ihr es nicht geschafft habt."
Die konkreten Ziele:
Die EU hat zwei separate Ziele festgelegt, je nachdem wo in der Lebensmittelkette du bist:
- 10% Reduktion für Produktion und Verarbeitung (Lebensmittelindustrie)
- 30% Pro-Kopf-Reduktion gemeinsam für Einzelhandel + Gastronomie + Haushalte
Für Kantinen gilt das 30% Ziel, da sie unter "Gastronomie" (restaurants and food services) fallen.
- Frist: bis 31. Dezember 2030
- Referenzperiode: 2020 ODER Durchschnitt 2021-2023 (entscheidet dein Mitgliedstaat)
- Pro Kopf basiert auf der Bevölkerung – die genaue Anwendung auf Betriebskantinen wird in der nationalen Umsetzung festgelegt
Wichtig zu verstehen: Das 30% Ziel ist ein gemeinsames Ziel für den gesamten Sektor. Das bedeutet, Mitgliedstaaten haben Flexibilität wo sie die Reduktionen erreichen – aber als Kantinenmanager solltest du davon ausgehen, dass du deinen Teil beitragen musst.
Die Technologie-Sache:
Die Richtlinie fordert explizit "technologische Lösungen die zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen beitragen." Die sind nicht subtil. Die haben buchstäblich einen Abschnitt eingebaut der erklärt warum Awareness-Kampagnen scheitern.
Deren Worte: "those actions mainly focused on raising awareness rather than fostering behavioural change."
Übersetzung: Du brauchst ein System, kein Poster.
Die Ironie? Die meisten Kantinenleiter werden die Richtlinie nicht lesen, die sagt dass Awareness-Kampagnen nicht funktionieren. Was... irgendwie deren Punkt beweist.
Wichtigste Punkte:
- ✓ 30% Pro-Kopf-Reduktion bis 2030 (gemeinsames Ziel für deinen Sektor)
- ✓ Reporting startet 2027
- ✓ Technologie erforderlich, nicht nur Awareness
- ✓ Mitgliedstaaten legen Durchsetzung fest (Details kommen)
Betrifft mich das? (Quick Check)
Du bist im Scope wenn:
- ✅ Du eine Kantine/Cafeteria/Food Service in einem EU-Mitgliedstaat betreibst
- ✅ Du Mitarbeiter, Studenten oder andere Gruppen versorgst
- ✅ Du Essen vor Ort zubereitest ODER Catering koordinierst
Du bist wahrscheinlich NICHT im Scope wenn:
- ❌ Du nur Automaten hast (keine Essenszubereitung)
- ❌ Du eine Kaffee-Ecke mit nur verpackten Produkten bist
- ❌ Du außerhalb der EU bist (offensichtlich)
Wir sind ehrlich nicht sicher bei:
- 🤷 Kleinen Kantinen (<50 Mahlzeiten/Tag): Technisch ja, Durchsetzung TBD
- 🤷 Dritt-Caterern: Abhängig vom Vertrag – jemand muss reporten
- 🤷 Multi-Site Betrieben: Jeder Standort zählt, Reporting könnte konsolidiert werden
Die Default-Regel:
Im Zweifel: Wenn Essen für deine Leute zubereitet wird und es Potenzial für Verschwendung gibt, bist du dabei.
Dein 4-Schritte Aktionsplan (bevor du in Panik verfällst)
Aktion 1: Miss deine Baseline (Fang jetzt an)
Was du tun musst:
- Wiege deinen Lebensmittelabfall täglich (kg)
- Zähle servierte Mahlzeiten (tatsächliche Kopfzahl)
- Rechne aus: kg Abfall ÷ Mahlzeiten = Abfall pro Mahlzeit
Warum das wichtig ist: Du kannst keine 30% Reduktion beweisen ohne zu wissen wo du gestartet bist.
Wie (praktische Schritte):
- Besorge eine Waage. Wiege Abfalltonnen täglich. Getrennte Tonnen wenn möglich (Produktions- vs. Tellerabfall), aber überdenke es nicht.
- Tracke Mahlzeitenanzahl mit was auch immer du hast: Chipkarten, POS-Daten, manuelle Zählung.
- Wähle dein Referenzjahr: 2020, Durchschnitt 2021-2023, oder einfach 2023 wenn du saubere Daten hast.
Das ist der langweilige Teil, aber es ist auch der einzige Teil der wirklich zählt. Besorge eine Waage. Wiege Zeug. Schreibe es auf. Das war's.
Zeitschätzung: 2-4 Wochen um eine verlässliche Baseline zu etablieren.
Aktion 2: Finde heraus woher der Abfall kommt
Nicht aller Abfall ist gleich. Hier ist die Aufschlüsselung:
- Produktionsabfall (Küche bereitet zu viel zu): 65-75% vom Total
- Tellerabfall (Leute lassen Essen übrig): 25-35%
- Lagerabfall (Verderb, Ablauf): klein aber vermeidbar
Hier ist die Sache: Du kannst Tellerabfall nicht lösen indem du Leute mit Schuldgefühlen dazu bringst mehr zu essen. Das echte Problem ist Produktionsabfall – zu viel kochen weil du nicht weißt wie viele Leute essen.
Awareness-Kampagnen scheitern weil sie das falsche Problem anvisieren. Ein Poster das sagt "verschwende kein Essen" hilft deinem Koch nicht vorherzusagen ob 150 oder 230 Leute am Dienstag auftauchen.
Wenn du das 30% Reduktionsziel erreichen willst, musst du das Ratespiel-Problem lösen.
Aktion 3: Implementiere ein Präventions-System
Was die Richtlinie tatsächlich sagt:
"Technologische Lösungen die zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen beitragen."
Was funktioniert:
✅ Mahlzeiten-Vorbestellung:
- Mitarbeiter bestellen Mahlzeiten 24-48 Stunden im Voraus
- Küche kennt exakte Mengen vor der Zubereitung
- Reduziert Über-Zubereitung um 40-60%
- Eingebautes Compliance-Tracking
Was alleine NICHT funktioniert:
- ❌ Kompostierung: Das ist Abfallmanagement, keine Prävention
- ❌ Awareness-Poster: Richtlinie sagt explizit dass die scheitern
- ❌ Besserer Einkauf: Du kannst Dienstags Kopfzahl trotzdem nicht vorhersagen
Der Reality-Check:
Wenn du nicht weißt wie viele Leute essen bis sie auftauchen, rätst du. Raten = Verschwendung.
Schau, wir haben ein Vorbestellungs-System gebaut (Bite Club), also ja, wir sind hier voreingenommen. Aber die Logik gilt unabhängig vom Anbieter: Wenn du Dienstags Kopfzahl am Sonntag kennst, kochst du die richtige Menge. Punkt.
Gibt es andere Wege das zu lösen? Vielleicht. Wir haben keinen gefunden der nicht entweder erfordert:
- Die Zukunft vorherzusagen (schwer)
- Küchenpersonal zu Data Scientists zu machen (schwerer)
- Zu akzeptieren dass du weiter Essen verschwendest (verfehlt den Punkt)
Was du brauchst:
- Mitarbeiter-Bestelloberfläche (App/Web)
- Küchen-Produktions-Dashboard
- Basis-Integrationen (Zahlung/Zugangskontrolle optional)
- ~2-4 Wochen Implementierungszeit
Keine Magie. Nur wissen wer isst bevor du kochst.
Aktion 4: Bereite dich auf Reporting vor (ab 2027)
Was du reporten wirst:
- Gesamt-Abfall (kg)
- Servierte Mahlzeiten (Anzahl)
- Pro-Kopf-Abfall (berechnet)
- Fortschritt vs. Baseline (%)
An wen: Die "zuständige Behörde" deines Mitgliedstaats (wird bis Januar 2026 bekannt gegeben)
Format: Harmonisierte EU-Methodik (Kommission wird Details bereitstellen)
Du musst das Reporting nicht heute herausfinden. Stelle nur sicher dass du JETZT die Daten trackst, damit du reporten KANNST wenn sie 2027 fragen.
Wann du tatsächlich handeln musst
JETZT → Q1 2026 📍 TUE DAS: Etabliere Baseline, berechne dein 30% Ziel Warum: Brauchst 12+ Monate Daten bevor Reporting startet
17. Januar 2026 📍 MEILENSTEIN: Mitgliedstaaten benennen zuständige Behörden Was du beobachten solltest: Ankündigung deines Landes (check Regierungs-Website)
Q2-Q3 2026 📍 TUE DAS: Recherchiere Lösungen, hole Budget-Genehmigung Reality-Check: 6-Monats Sales-Zyklen sind normal für B2B-Software
Q4 2026 → Q2 2027 📍 TUE DAS: Implementiere System, trainiere Personal, etabliere neue Baseline Timeline: 2 Wochen Setup + 2 Wochen Adoption + 2 Monate Optimierung
17. Juni 2027 — DEADLINE ⚠️ Mitgliedstaaten müssen nationale Gesetze haben Was das bedeutet: Durchsetzungsmechanismen werden existieren
2027 und danach 📊 REALITÄT: Jährliches Reporting beginnt Erster Report fällig: TBD durch Mitgliedstaat (wahrscheinlich Q1 2028)
31. Dezember 2030 — ZIEL-DATUM 🎯 Muss erreicht sein: 30% Pro-Kopf-Reduktion vs. Baseline (gemeinsames Ziel für deinen Sektor) Oder was: Strafen durch Mitgliedstaat (Bußgelder, Audits, öffentliche Reports)
Der Reality-Check:
Wenn du 2028 startest, hast du 24 Monate um ein 30% Ziel ohne Übungsläufe zu erreichen. Wenn du 2026 startest, hast du 4 Jahre um es zu schaffen und dabei gut auszusehen.
Die ehrliche Einschätzung:
Wird jemand tatsächlich 2027 bestraft? Wahrscheinlich nicht. Werden sie 2029 bestraft wenn du nichts getan hast? Ja, wahrscheinlich.
Was passiert wenn du das ignorierst
Die ehrliche Antwort:
Mitgliedstaaten legen ihre eigenen Strafen fest. Wir wissen noch nicht wie deutsche Durchsetzung aussieht vs. belgische vs. französische. Die Gesetze sind noch nicht geschrieben.
Wahrscheinliche Ergebnisse:
Kurzfristig (2027-2028):
- Warnbriefe von zuständiger Behörde
- Erforderliche Aktionspläne mit Timelines
- Erhöhte Reporting-Kontrolle
Mittelfristig (2029):
- Bußgelder (Höhe TBD durch Mitgliedstaat)
- Öffentliche Nicht-Compliance-Bekanntgabe
- Pflicht-Audits
Langfristig (2030+):
- Eskalierende Strafen bei fortgesetzter Nicht-Compliance
- ESG-Reporting-Komplikationen (wichtig für Ausschreibungen)
- Wettbewerbsnachteil vs. compliant Konkurrenten
Ist das DSGVO-Level Durchsetzung mit 20 Mio. € Bußgeldern? Wahrscheinlich nicht. Aber willst du 2029 der Testfall sein? Auch wahrscheinlich nicht.
Jenseits von rechtlichem Risiko: Du lässt Geld auf dem Tisch liegen. Ein 300-Mahlzeiten-Betrieb verschwendet 15.000-25.000 € pro Jahr an Lebensmittelkosten. Das ist echtes Budget das du sparen könntest – Compliance hin oder her.
Was du diese Woche tun solltest
Diese Woche (30 Minuten gesamt):
- ✅ Drucke diesen Guide aus, teile ihn mit deinem Team
- ✅ Fange an Abfall täglich zu wiegen (einfach starten – muss nicht perfekt sein)
- ✅ Zähle servierte Mahlzeiten (mit welcher Methode auch immer du hast)
- ✅ Rechne aus: kg Abfall ÷ Mahlzeiten = aktueller Abfall pro Mahlzeit
Diesen Monat (2-3 Stunden): 5. ✅ Buche 30-min Meeting mit CFO/Geschäftsführung 6. ✅ Recherchiere Vorbestellungs-Systeme (inklusive Bite Club) 7. ✅ Check die Website deines Mitgliedstaats für Ankündigung der zuständigen Behörde
Dieses Quartal (laufend): 8. ✅ Hole Budget-Genehmigung 9. ✅ Wähle Anbieter und Implementierungspartner 10. ✅ Setze Implementierungs-Timeline
Der Schlüssel: Fange klein an, aber fange jetzt an. Zwei Monate Baseline-Daten schlagen Panik in 2029.
Brauchst du Hilfe das herauszufinden?
Willst du sehen was 30% Reduktion für deine Kantine bedeutet?
Nutze unseren kostenlosen Compliance-Rechner:
- Gib deine tägliche Mahlzeitenanzahl ein
- Sieh dein exaktes Abfall-Reduktionsziel
- Berechne potenzielle Kosteneinsparungen
- Bekomme einen einfachen 90-Tage Aktionsplan
Fragen? Sprich mit jemandem der es wirklich versteht.
Wir haben Kantinenleitern geholfen diese Richtlinie zu verstehen und nächste Schritte herauszufinden. Kein Sales-Pitch – nur ehrliche Antworten darüber was du tun musst.
Buche einen 15-Minuten Call. Wir gehen deine spezifische Situation durch.
Weiterführende Ressourcen
- Volltext der Richtlinie 2025/1892 (falls du dich selbst hasst)
- EU-Kommission: Food Waste Reduktionsziele
- Europäische Umweltagentur: Food Waste Daten
Korrekturhinweis
Dieser Artikel wurde am 3. Dezember 2025 aktualisiert um wichtige Fakten zu korrigieren:
Was wurde korrigiert:
- Reduktionsziel: Das Ziel für Kantinen ist 30% per capita (nicht 10%). Die 10% gelten nur für Lebensmittelproduktion und -verarbeitung. Kantinen fallen unter "restaurants and food services" und haben daher das gemeinsame 30% Ziel mit Einzelhandel und Haushalten.
- "Per capita" Definition: Präzisiert, dass "per capita" sich auf die Bevölkerung bezieht. Die genaue Anwendung auf Betriebskantinen wird in der nationalen Umsetzung festgelegt.
Quelle: EU-Richtlinie 2025/1892, Artikel 9a(4)
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Zuletzt aktualisiert: 3. Dezember 2025